Lebensmittelunverträglichkeiten

Wenn es nach dem Essen im Bauch rumort

Ein klassischer Fall:

Seit einigen Wochen haben Sie nach dem zweiten Cappuccino Bauchschmerzen und auch etwas Durchfall  –  danach geht es wieder besser. Vielleicht leiden Sie an einer Unverträglichkeit für Milchzucker einer sog. Laktoseintoleranz.

Möglicherweise reicht es aus, etwas weniger Milch in den Kaffee zu geben oder laktosefreie Milch zu benutzen und es geht Ihnen wieder super …

Leider ist das nicht immer so einfach und es gilt zunächst ernsthafte Erkrankungen auszuschließen, die ebenfalls Bauchschmerzen, wiederkehrende Übelkeit Durchfälle auslösen können (Magengeschwüre, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder gar Darmkrebs). Gehen Sie also zum Arzt !

Es gibt eine Vielzahl von Problemen mit Nahrungsmitteln:

1) LAKTOSEINTOLERANZ

In Deutschland kann jeder sechste Milchzucker nicht oder nur unvollständig verdauen. Das liegt daran, dass der Körper das hierfür erforderliche Enzym Laktase nicht mehr (oder zu wenig) produziert. Nach dem Kindes- und Jugendalter verringert sich die Produktion des Enzymes, sodass sich eine Laktoseintoleranz schleichend entwickeln kann. Dies ist wohl genetisch bedingt. Der unverdaute Milchzucker wird im Dickdarm von den dort reichlich vorkommenden (– ist gut so –) Bakterien abgebaut in Kohlendioxid, Wasserstoff und kurzkettige Fettsäuren. So kommt es nach dem Verzehr von Milchprodukten zu Blähungen, wässrigen Durchfällen, auch Übelkeit und Bauchschmerzen. Meist werden geringe Mengen von Laktose aber noch vertragen (…. ein Cappuccino geht, zwei nicht ….)

 Wie wird eine Laktoseintoleranz festgestellt?

a) Vermeintlich Betroffene können einfach einen Auslassversuch machen d.h. Milchprodukte weglassen. Sind Sie dann beschwerdefrei, liegt die Diagnose auf der Hand. Man kann sich dann langsam an die individuell vertragene Milchzuckermenge heranarbeiten.

Mitunter hilft auch die Umstellung auf laktosefreie Milchprodukte.

b)   Mit einem sog. H2 Atemtest kann eine Laktoseintoleranz eindeutig diagnostiziert werden. Eine definierte Menge Milchzucker wird geschluckt  und in definierten Abständen wird in der Ausatemluft  Wasserstoffgehalt gemessen. Steigt der Wert an und treten gleichzeitig typische Symptome haben Sie eine Laktoseintoleranz.

Was tun?

a)  Lactase in Tablettenform zum Essen einnehmen (Lactrase®, Lactacid®, Lactase-Plus®):

Zu milchzuckerhaltigen Nahrungsmitteln kann man in der Apotheke erhältliche Enzymtabletten einnehmen, d.h. das dem Körper fehlende Enzym ersetzten. Die Tabletten sind nicht verschreibungsfähig.

b)   Diät:
 Butter und gereifter Käse zB enthalten keine oder kaum Laktose.

– Fermentierte Milchprodukte wie Jogurt, Buttermilch, Quark, Kefir werden in kleinen Mengen oft gut vertragen.

– Laktosefreie Milchprodukte (z.B.  Minus L-Produkte)

– Milchersatz zB aus Soja oder Kokos

– Achten Sie auf eine ausreichende Kalziumzufuhr!

Unser Merkblatt: EDS_Laktoseintoleranz

2) FRUKTOSEMALABSORPTION

Viele können auch Fruchtzucker nicht richtig verwerten. Bis zu einem Drittel der Bevölkerung soll betroffen sein. Problemfrüchte sind oft Birnen, Äpfel, Pflaumen, Mangos und Wassermelonen.

Ein Transportprotein, dass den Fruchtzucker aus dem Dünndarm in die Blutbahn schleust funktioniert nicht mehr richtig. Daher der Begriff Malabsorption (=mangelnde Aufnahme). Auch hier ist es so, dass der Fruchtzucker in den Dickdarm gelangt und die Stoffwechselprodukte der Darmbakterien für Beschwerden sorgen.

Wie wird die Fruktoseintoleranz festgestellt?

Auch hierfür gibt es einen H2 Atemtest. Menschen mit einer angeborenen / erblichen Fruktoseintoleranz (Hereditätäre Fruktoseintoleranz kurz HFI —  sehr selten) dürfen diesen Test nicht machen.

Was tun ?

Die individuell vertragene Fruchtzuckermenge muss herausgefunden werden.

Unser Merkblatt: EDS_Fruktosemalabsorption

 3) GLUTENSENSITIVITÄT /  ZÖLIAKIE / SPRUE

Es besteht eine starke Unverträglichkeit gegen das Klebereiweiss Gluten in Getreiden.

Ein viertel der Bevölkerung scheint genetisch für diese Erkrankung anfällig zu sein,  aber nur max. einer von Hundert ist betroffen. Neben der erblichen Komponente spielen v.a. beim Auftreten im Erwachsenenalter die Ernährung (Glutengehalt) u.U. aber auch wiederkehrende Darminfekte wohl eine Rolle. Die Erkrankung tritt gehäuft bereits im Säuglingsalter oder viel später etwa ab dem 40. Lebensjahr auf. Durch Reaktionen des Immunsystems auf Gluten entstehen Schleimhautentzündungen im Dünndarm. Typische Symptome sind Blähungen, Durchfälle und Gewichtsverlust. Bei Säuglingen treten neben den Bauchkrämpfen und Durchfällen Mangelerscheinungen und Entwicklungs-verzögerungen auf, wenn die Krankheit nicht frühzeitig erkannt wird. Manche Patienten haben aber auch ganz atypische Symptome wie Abgeschlagenheit, Blutarmut, Hautveränderungen, Kopf- oder Gelenkschmerzen und Zungenbrennen. … Vom Auftreten erster Symptome bis zur Diagnosestellung vergehen deshalb nicht selten Jahre.

Wie wird eine Zöliakie festgestellt?

Ein Bluttest kann durch Antikörpernachweis (anti-TGI-IgA Test) die Diagnose sichern.

Gewebeproben aus dem Dünndarm i.R. einer Magen- und Dünndarmspiegelung zeigen typische Veränderungen

Was tun?

… Nur eines hilft: eine völlig glutenfreie Ernährung: Statt Produkten aus Weizen, Einkorn, Emmer, Kamut, Dinkel, Gerste, Roggen und Grünkern muss auf Produkte aus Mais, Reis, Hirse, Soja und Kartoffelstärke umgestiegen werden. Hafer wird in kleinen Mengen oft noch vertragen.

Unser Merkblatt: EDS_Zöliakie&Weizen

4) WEIZENSENSITIVITÄT

Neben der Zöliakie / Sprue (s.o.) scheinen viele Menschen auf Weizen zu reagieren. Manche Autoren (z.B. William Davis  – Spiegelbestseller „Weizenwampe“) machen Weizen für eine Vielzahl von Zivilisationserkrankungen insb. Fettleibigkeit, Diabetes und Herzkreislauferkrankungen verantwortlich. Daneben kann Weizen in der Ernährung Entzündungsprozesse im Körper auslösen und u.a. chronische Darmentzündungen verschlimmern. Manche bringen Weizen auch mit Darm- und anderen Krebserkrankungen in Verbindung.

Nicht verwechselt werden sollte der recht weit gefasste Begriff der Weizensensitivität mit einer Weizenallergie oder der Zöliakie (siehe dort). Wir sprechen in diesem Abschnitt über eine Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (so der formale Fachbegriff) unter der bis zu 4% der Bevölkerung in Deutschland leiden.

Inzwischen hat die Wissenschaft einige problematische Bestandteile des Weizens identifiziert:

– ATIs – Amylase Trypsin Inhibitoren  – kommen in allen glutenhaltigen Getreiden also nicht nur Weizen sondern auch Roggen aber auch alten – wieder in Mode gekommenen Getreidesorten wie Dinkel, Emmer, Einkorn, Kamut vor. Die natürliche Funktion der ATIs ist wohl die Abwehr der Pflanzen gegen Schadinsekten. Je mehr ATIs produziert werden , desto widerstandfähiger  und ertragssicherer wird die Getreidepflanze.  Gar nicht schlecht also auf den ersten Blick. Mit genmanipuliertem Getreide hat das überhaupt nichts zu tun. Es kommt wohl entscheidend auf die Sorte an und nicht unbedingt auf Bio und konventionellen Anbau des Getreides. D.h. es gibt z.B. Dinkelsorten, die viel andere, die wenig ATIs enthalten. Es scheint aber so zu sein, dass die Anwendung leicht löslicher Mineraldünger die Menge an Gluten und hierdurch auch ATIs im Getreide erhöht. Insb. für Fertigpizzen und Aufbackwaren werden besonders kleberreiche (glutenreiche) Mehle verwandt, die hierdurch automatisch auch vermehrt ATIs enthalten.

ATIs können im Körper Entzündungen auslösen. Beschwerden, die ATIs zugeschrieben werden sind Bauchschmerzen und Durchfälle aber auch Kopf und Muskelschmerzen und allgemeine Müdigkeit.  Möglicherweise spielen ATIs auch eine Rolle in bei Rheuma, Multipler Sklerose und chronische entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa).

Nicht immer aber ist der Weizen bzw. die ATIs schuld an ihren Beschwerden. Es sind bei Backwaren fast 200 Zusatzstoffe erlaubt. Hier haben Sie u.U. mit Bioprodukten schon einen Vorteil.

Neben den ATIs werden auch sog. FODMAPs   – das sind bestimmte Zuckermoleküle (Kohlenhydrate) – die in Getreide, Hülsenfrüchten und Kohl vorkommen für Blähungen und Bauchbeschwerden verantwortlich gemacht. Gesundheitlich bedenklich sind diese aber nicht sein – wenn auch die Folgen unangenehm sind. Sog. FODMAP Diäten sind derzeit en vogue, aber recht aufwendig. Da hierbei auch die ATI Zufuhr reduziert wird helfen diese Diäten möglicherweise auch bei der Weizensensitivität. Konkrete Erfahrungswerte haben wir diesbezüglich aber nicht.

Wie wird eine Weizensensitivität – d.h. Problem mit ATIs – festgestellt  und was tun?

Da wird´s schon schwierig. Wenn sie denken hier könnte Ihr Problem liegen und der Arzt hat eine Glutensensitivität (Zöliakie) und Weizenallergie ausgeschlossen – dann hilft nur der  Versuch über einige Wochen eine glutenfreie Diät durchzuführen. Werden die Beschwerden besser kann man sich dann wieder an bestimmte glutenhaltige Produkte heranwagen und muss letztlich selber testen was geht. Angaben über den ATI Gehalt der Lebensmittel wird es auf der Verpackung wahrscheinlich nie geben.

Verzögerte Weizenallergie

Ein weiteres Problem kann eine rel. seltene, verzögerte allergischen Reaktion (IgG vermittelt) gegen Weizenbestandteile aus. Hierfür gibt es Bluttests, die auch andere solcher Lebensmittelallergien abklären (z.B. ImmuPro®). Diese Untersuchungen sind rel. kostspielig und werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet.

Es scheint so zu sein, dass ein zeitweiliger Verzicht diese Art der Allergie und hierdurch ausgelöste Beschwerden so abschwächt, dass nach 2-3 monatiger  Diät diese Nahrungsmittel u.U. wieder problemlos vertragen  – zumindest langsam wieder eingeführt werden können.

Unser Merkblatt: EDS_Zöliakie&Weizen

5 )  HISTAMINUNVERTRÄGLICHKEIT

Es handelt sich hier um eine sog. Pseudoallergie. D.h. es sieht so aus als würde eine Allergie bestehen aber der Auslöser ist eine körpereigene Substanz aus der Nahrung (Histamin), die auch bei Allergien vom Körper vermehrt ausgeschüttet wird. Ein Ungleichgewicht zwischen anfallendem Histamin durch die Nahrungsaufnahme und Abbaukapazitäten des Körpers scheint hierbei vorzuliegen:

In einigen Lebensmitteln kann sich durch Hefen und Bakterien aus der Aminosäure Histidin Histamin anreichern. Der Histamingehalt von Nahrungsmitteln schwankt stark. Bei Fisch z.B. steigt der Gehalt des Histamins langsam an d.h. je frischer der Fisch desto weniger Probleme. Weitere Lebensmittel mit hohem Histamingehalt sind Hartkäse, Wein und Schokolade. Reifegrad und Dauer der Lagerung spielen wohl eine Rolle.

Im Dünndarm und der Blutbahn wird Histamin durch ein spezielle Enzyme (v.a. Diaminooxidase, DAO) abgebaut. Bei einem von 20 Menschen funktioniert dieser Abbau nicht mehr in ausreichendem Masse und es kommt zu Symptomen wie bei einer Allergie (Atemnot, juckender Hautausschlag), aber auch Symptomen wie Bauchschmerzen.

Alkohol und einige Medikamente hemmen die Enzyme zusätzlich und können die Symptome verschlimmern.

Wie wird eine Histaminunverträglichkeit festgestellt?

… es gibt keine speziellen Tests. Viele allgemeine Allergietests (Pricktests auf der Haut) setzten  als sog. Positivkontrolle für Allergien Histamin ein d.h. das betroffene Hautareal reagiert auch bei Gesunden wie bei einer Allergie. Menschen mit Histaminunverträglichkeit reagieren dort u.U. besonders stark. Ein Tagebuch in dem Nahrungsmittel und Symptome aufgeführt werden ist oft wegweisend. Im Blut kann der Spiegel der Diaminooxidase und auch des Histamins gemessen werden – auffällige Werte weisen auf eine Histaminunverträglichkeit hin.

Was tun?

Frisch zubereitete Lebensmittel und ein Verzicht auf gereifte Produkte und Alkohol stehen an erster Stelle.  Sog. Antihistaminika, die auch bei Allergien und Heuschnupfen eingesetzt werden können Abhilfe bringen (… machen aber leider oft müde). Das Enzym DAO kann auch in Tablettenform eingenommen werden (Daosin® 1-2 Tbl. zu den Mahlzeiten). Daosin® kann aber nicht verschrieben werden – Auch private Krankenkassen lehnen die Erstattung oft ab.

Unser Merkblatt: EDS_Histaminintoleranz

6)       NAHRUNGSMITTELALLERGIEN

Hier handelt es sich nicht um Probleme des Stoffwechsels, sondern um eine überschießende Reaktion des Immunsystems. 2-4% der Bevölkerung sind betroffen. Kinder haben oft Allergien auf Milch, Eier und Weizen, was sich aber meist wieder “verwächst“. Im Gegensatz zur Laktoseintoleranz, bei der eine bestimmte Menge an Milchprodukten vertragen wird, treten bei der Milchallergie bei geringsten Mengen Milch bereits Symptome auf. Milcheiweise (meist Kasein u.a.) nicht  Milchzucker verursachen die Allergie.

Allergien auf Nüsse sind zum Teil sehr stark ausgeprägt und können lebensgefährliche Zustände mit Schock auslösen.

Allergische Reaktionen allgemein, also auch Lebensmittelallergien, verursachen Hautreaktionen (roter & juckender Ausschlag, sog. Urtikaria), Symptome der Atemwege (Asthma, Nasenverstopfung & -laufen) und auch Magen-Darmprobleme (Bauchkrämpfem, Durchfall, Erbrechen).

Langsamer auftretende Allergien werden durch IgG vermittelt. Breit gefächerte Bluttests  (z.B. ImmuPro® ca. 350€)  untersuchen eine Vielzahl von Lebensmitteln auf einmal. Im Befund werden dann Empfehlungen bzgl. des Weglassens einzelner Lebensmittel (starke Reaktion) und nach init. Verzicht dem langsamem Wiedereinführen anderer Lebensmittel (geringe Reaktion) gegeben.

 Wie wird eine Lebensmittelallergie festgestellt?

a)  … Nahrungsmittel- und Symptomtagebuch

b)  … Eine allergenarme Kost (Reis-Kartoffel-Diät) wird 7 Tage durchgeführt. Sind Sie dann noch nicht beschwerdefrei ist einen Lebensmittelallergie unwahrscheinlich. Falls Sie beschwerdefrei sind, werden dann schrittweise einzelne Nahrungsmittel hinzugefügt.

c)   … Allergietests auf der Haut (Prick- Test)

d)  … Allergietests im Blut zum Nachweis spezifischer IgE Antikörper (Rast-Test)

e)   … Die beiden letztgenannten Tests zeigen oft fragliche Allergien an. Nur ein oraler Provokationstest d.h. die Einnahme des fraglichen Nahrungsmittels unter kontrollierten Bedingungen beweist die tatsächliche Allergie

Allergietestungen führt in der Regel ein Allergologe (oft Hautärzte) durch.

Was tun?

Leider kann man nicht wie beim Heuschnupfen desensibilisieren und Tabletten (Anithistaminika) helfen auch nicht ausreichend. Nur das völlige Weglassen der betroffenen Lebensmittel schafft Abhilfe.

www.dzg-online.de
Internetseite der Deutschen Zöliakiegesellschaft – u.a. kostenloser download einer Broschüre „Leben mit glutenfreier Ernährung“

www.ugb.de
Internetseite des Verbandes für unabhängige Gesundheitsberatung – nach „Ernährung“ suchen – hier Informationen zu Gluten und Weizen