Unten genannte Massnahmen sollten i.d.R. voll ausgeschöpft werden, bevor über einen operativen Eingriff nachgedacht wird …..
Die konsequente und tägliche Mitarbeit des Patienten ist hierbei erforderlich !
Wir sind zertifiziertes Beratungszentrum der
Die konservative Therapie der Stuhlinkontinenz greift dort an, wo das Problem liegt (siehe Krankheitsbilder Stuhlinkontinenz):
1) Beckenboden:
Der abgesunkene Beckenboden (Beckenbodeninsuffizienz) z.B. nach Schwangerschaften oder schwierigen Geburten stört den Schließmechanismus der Afterregion.
Beckenbodengymnastik kann hier Abhilfe bringen. Wir geben Ihnen Anleitung zu einfachen Übungen und verordnen ggf. gezielte Physiotherapie zur Kräftigung des Beckenbodens (Krankengymnastik nach dem Tanzberger Konzept).
Die 3T Therapie (s.u.) kann außerdem die Funktion und Koordination des Beckenbodens verbessern.
2) Schließmuskel:
Kneifübungen sind der erste Schritt zur Kräftigung des Schließmuskels:
Sie sollten 3-4x tgl. für 10 Minuten des After (nicht die Pobacken) bewusst zusammenziehen (… dabei auf 10 zählen) und wieder locker lassen ( …20 Sek.). Machen Sie ein Ritual daraus z.B. beim Zeitungslesen oder der Tagesschau (… mit der Zeit unbewusst) diese Übung durchzuführen.
Als effizientes Training des Schließmuskels hat sich das sog. Biofeedback erwiesen. Hierbei wird über eine in den After eingeführte Sonde und mithilfe eines Trainingsgerätes der Schließapparat aktiv beübt.
Wir verordnen hierfür ein Gerät der Fa. Procon (Contrain®) aus Hamburg, das zusätzlich zum Biofeedback zwei Elektrostimulationsverfahren (mittelfrequente Stimulation) einsetzt (Tripple Target oder 3T Therapie).
Die 3T Therapie mit diesem System hat in Studien (zuletzt Deutsches Ärzteblatt 2011, Diseases Of The Colon And Rectum 2010) eine sehr gute Wirksamkeit gezeigt und hat sich gegenüber anderen Verfahren als überlegen erwiesen. Auch nach unserer Auffassung ist 3T derzeit anderen Therapieformen / Geräten überlegen.
Eine Mitarbeiterin der Firma Procon kommt einmal im Monat in unsere Praxis. Im Rahmen des ersten Kontaktes wird zunächst der Antrag an die Krankenkasse gestellt und ein Rezept ausgestellt. Etwa vier Wochen später wird Ihnen dann das Gerät und die Therapie erläutert und das Trainingssystem leihweise ausgehändigt.
Sollte es Probleme bei der Genehmigung des Verfahrens durch Ihre Kasse geben, werden wir zusammen mit Ihnen schriftlich Einspruch erheben.
Falls es bei der Ablehnung der Kasse bleiben sollte, müssten Sie auf ein anderes System ausweichen. Manche Krankenkassen haben Vertragspartner für das Biofeedback. Falls Sie trotzdem 3T machen wollen, kommen auf Sie für eine 6 monatige Behandlung Kosten in Höhe vom ca. 600 € zu.
Das Training wird zuhause (idealerweise 2x tgl. 15 min) für drei Monate mit dem Leihgerät durchgeführt. Voraussichtlich kommt es zu einer Folgeverordnung, sodass Sie 3T für sechs Monate durchführen.
Zur Aufrechterhaltung des Therapieerfolges sollten sich nach Rückgabe des Trainingsgerätes mit der Sonde (bleibt bei Ihnen) mehrmals wöchentlich weiter trainieren.
3) Hämorrhoiden / Mastdarmvorfälle
können die Feinkontinenz stören. Eine Ligaturbehandlung oder Verödung kann hier eine Besserung bringen. Gelegentlich werden wir auch zur Operation raten (Operationen bei Stuhlinkontinenz, Operationen bei Hämorrhoiden, Operationen Mastdarmvorfall).
4) Nerven und Nervengeflechte des Beckens und Beckenbodens:
Ein operatives Verfahren, die Sakrale Nervenstimulation (SNS) nutzt die Stimulation der Nervenwurzeln des Beckenbodens und Schließmuskels, um die Stuhlkontinenz wiederherzustellen (s. Operationen bei Stuhlinkontinenz).
Ein weniger invasives Verfahren ohne Operation ist die PTNS (Periphere Tibialisnervenstimulation). In 12 Einzelsitzungen (einmal pro Woche 30 min) wird über eine Nadelelektrode am Knöchel das Nervengeflecht im Becken indirekt stimuliert. Die Nadel kann ohne Betäubung (ähnlich wie bei der Akkupunktur) gesetzt werden. Mittels eines Stimulationsgerätes wird der Nerv gereizt. Das ist für Sie nicht schmerzhaft. Der Tibialisnerv hat die gleichen Ursprünge im Nervengeflecht am Kreuzbein (Plexus sacralis) wie Nerven, die den Schließmuskel aktivieren. Hierdurch wird die Stuhlkontinenz anhaltend gebessert.
Das Verfahren wurde ursprünglich zur Behandlung der Reizblase entwickelt. Derzeit laufen große internationale Studien, die die Wirksamkeit des Verfahrens bei der Stuhlinkontinenz weiter belegen sollen. Kleinere Studien haben bereits gute Ergebnisse gezeigt. Unklar bleibt derzeit aber noch, wie lange der Effekt anhält.
Die Therapie ist für Sie ohne wesentliche Risiken, von überschaubarem zeitlichem Aufwand und nahezu schmerzfrei. Nervenverletzung und Infektionen sind bei sorgfältiger Anwendung nahezu ausgeschlossen.
Leider übernehmen die Kassen diese Therapie nicht. Die Elektrodensysteme und Stimulatoren sind derzeit noch sehr teuer, sodass die 12 wöchige Behandlung v.a. aufgrund der Materialkosten ca. 1000€ kostet. Auch bei Privatpatienten sollte vorab die Kostenübernahme geklärt werden.
5) Stuhlkonsistenz:
Durchfall d.h. breiiger oder wässriger Stuhl kann natürlich schlechter kontrolliert werden als fester Stuhl.
Ggf. müssen bei chronischen Durchfällen eine Darmspiegelung (Ausschluss entzündlicher Darmerkrankungen) und diverse andere Tests (Ausschluss von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Stuhluntersuchungen u.a.) erfolgen.
Stuhlregulierende Substanzen (v.a. Präparate des Indischen Flohsamens; Mukofalk® Flosa®) können helfend eingreifen und den Stuhl verfestigen.
Flosamenpräparate sind frei verkäuflich und daher nicht verschreibungsfähig. Die Darreichungsformen unterscheiden sich teilweise erheblich in ihrer Fähigkeit Wasser im Darm zu binden (bis zu100x).
Wir empfehlen aus der Apotheke z.B.:
Mukofalk® (Orange oder Apfelgeschmack) 300gr Dose 10-15€
Flosa Balance® 400gr Dose 18-22€
Rühren Sie 1-2x tgl. 1 Tl. In 1 Glas Wasser ein und trinken die Lösung sofort.
Je nach der Trinkmenge (über den Tag verteilt) können Flohsamenpräparate abführend wirken (2-3Liter / Tag) oder auch stuhleindickend (1-1.5L / Tag). Ausprobieren !
6) Stuhlfrequenz:
Mit Medikamenten, die den Darm zeitweilig lähmen wie Loperamid (Immodium®, Loperium®, Loperamid Ratiopharm®) oder Tinktura opii (Opiumtinktur) kann die Zahl der Stuhlentleerungen deutlich gemindert werden.
Loperamid wurde eigentlich zur Therapie des Reisedurchfalles auf den Markt gebracht.
Das Medikament ist frei verkäuflich und nicht verschreibungsfähig (10 Kps. 2mg 2-4€).
Bei Reisedurchfall trifft der Warnhinweis des Beipackzettels sicherlich zu, dass man das Medikament nur kurz einnehmen sollte. Bei der Therapie der Stuhlinkontinenz sollten Sie zunächst Rücksprache mit Ihrem Arzt halten (Achtung: Verstopfung!). In der Regel ist aber die Einnahme von bis zu 2 Kapseln täglich harmlos (Höchstdosis 8 Kps./Tag).
Durch die relative Lähmung des Darmes nach der Einnahme, haben Sie für 4-6 Stunden keinen Stuhlgang und hierdurch natürlich auch kein Problem des Stuhl einzuhalten.
Idealerweise nehmen Sie Loperamid ein kurz bevor Sie aus dem Haus gehen wollen.
Bei starker Verstopfungsneigung ist natürlich Vorsicht angesagt.
Hier noch unser Merkblatt zur „Ersten Hilfe“ bei Stuhlinkontinenz:
EDS_Inkontinenz 2016